RHEINE. „Den Tod ins Leben lassen“ lautet der Titel einer Veranstaltungsreihe zum Thema Tod, den der Seniorenbeirat und die Familienbildungsstätte (FBS) in Kooperation durchführen. Zur Auftaktveranstaltung am Freitagnachmittag kamen zahlreiche Interessenten in die Familienbildungsstätte, deutliches Zeichen, wie sehr das Thema Tod die Menschen angeht.
Johannes Eising, Allgemeinmediziner und Vorsitzender des Palliativnetzes Rheine hielt einen Impulsvortrag zum Thema Palliativmedizin. Außerdem standen Petra Winter, Koordinatorin des ökumenisch ambulanten Hospizes Rheine, Claudia Raneberg, Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde Jakobi sowie Matthias Werth, Pastoralreferent der katholischen Kirchengemeinde St. Dionysius, Rede und Antwort. Jens Halfmann, stellvertretender Leiter der FBS, moderierte die Veranstaltung.
Die Idee zur Veranstaltungsreihe hatte Franz-Josef Hesping, stellvertretender Vorsitzender des Seniorenbeirats. „Ich habe in meinem persönlichen Umfeld Erfahrungen gemacht und gemerkt, dass das Thema Tod tabuisiert ist“, sagte er in seiner Begrüßung.
Wie kann man aber den Tod ins Leben lassen? Wenn man beispielsweise die Diagnose einer unheilbaren Krankheit erhält? „Eine solche Diagnose stürzt uns in eine Krise“, erläuterte Mediziner Eising. Eine Krise, die in mehreren Phasen bewältigt wird. Auf den Schock folgen Reaktionen wie Angst und Verdrängung, dann Bearbeitung, Akzeptanz und am Ende die Phase Neuorientierung. „Was wünschen Sie sich für Ihre verbleibende Zeit?“, sei dann die zentrale Frage. Die Palliativversorgung stellt den Patienten „wie in einen Mantel (lat. pallium) gehüllt“ in den Mittelpunkt, mit dem gemeinsamen Ziel, die bestmögliche Lebensqualität für den Patienten und die Angehörigen zu erreichen. „Es geht um das Lindern der Symptome, und nicht um das Heilen der Erkrankung.“
In Rheine, Neuenkirchen und Wettringen würden 70 bis 90 Patientinnen und Patienten zu Hause palliativ versorgt. Dazu kämen Patienten auf den Palliativstationen im Krankenhaus und im Pflegeheim. Stationäre Hospize gibt es im Kreis Steinfurt in Emsdetten und Ibbenbüren. Ob es nicht sinnvoll wäre, sich für ein Hospiz in Rheine einzusetzen, wollte ein Teilnehmer wissen. Was die Zahl der Plätze angeht, sei man kreisweit gut aufgestellt. „Und zehn Prozent der Kosten müssen durch Spenden finanziert werden. Das sind bei zehn Plätzen 200000 Euro im Jahr“, machte Petra Winter deutlich.
„Wenn wir etwas für die Palliativversorgung tun wollen, dann müssen wir aus der Nische raus. Dann müssen so Veranstaltungen wie heute auch bei den Schützenvereinen, in der Emsgalerie oder auf dem Sportplatz stattfinden“, stellte Eising fest.
Die Frage nach dem assistierten Suizid bewegte mehrere Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Eising ist kein Befürworter: Mit einer guten Palliativversorgung ließe sich das vermeiden: „Wir kriegen jedes Symptom behandelt und können den Patienten so schlafen legen, dass er sein Leid nicht spüren muss.“ Ihm sei indes sehr wohl bewusst, dass der assistierte Suizid mehr und mehr „salonfähig“ würde.
Ob man beim Sterben im Krankenhaus, im Hospiz oder zu Hause betreut wird, sei eine individuelle Entscheidung und von unterschiedlichen Faktoren abhängig.
Eine Teilnehmerin berichtete von positiven Erfahrungen im Jakobi-Krankenhaus, wo sie ihren Mann beim Sterben begleitet hat. „Ich konnte mehrere Tage bei ihm schlafen und mein Sohn hat dort Homeoffice gemacht.“
Matthias Werth ermutigte, beim Tod zuhause den Toten nicht sofort vom Bestatter abholen zu lassen, sondern ihn eine Nacht zuhause zu behalten und Umgang mit ihm zu haben. Früher sei das üblich gewesen, sagte auch Raneberg. „Oma ist gestorben und die Enkel rannten um den offenen Sarg.
Die zahlreichen Fragen machten den Veranstaltern deutlich, dass weitere Veranstaltungen in dieser Reihe sinnvoll sein könnten.